„Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schööön …“
Das launige Volkslied mit den deftigen Verstexten kennt wohl jeder – aber wissen Sie auch, was die Ursprünge des heutigen, boomenden Kreuzfahrttourismus sind und was Sie alles beachten sollten, damit auch Ihre Schiffsreise ein gesundes Vergnügen wird?
Die touristische Erholungs-, Erlebnis- oder Bildungsreise, wie wir sie heute kennen, ist geschichtlich betrachtet eine noch gar nicht so sehr alte Entwicklung. Denn soweit man heute in die Vergangenheit zurückblicken kann, dienten die Reiseaktivitäten des Menschen lange Zeit immer einem bestimmten Zweck: Es ging etwa um das Erreichen und Erschließen neuer Lebensräume nach Naturkatastrophen und Nahrungsmangel, um religiöse Ziele (Pilgerfahrten, Kreuzzüge) oder die Reisen hatten politische und wirtschaftliche Motive (Handelsreisende). Freizeit- und Erholungsreisen, bei denen die Reise selbst Sinn und Zweck der Unternehmung ist, waren gänzlich unbekannt und unüblich. Eine touristische Entwicklung im heutigen Sinne setzte in Europa erst mit der industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts ein, impulsgebend waren hierbei die Briten. Der englische Baptistenprediger Thomas Cook (1808-1892) gilt heute als Erfinder der Pauschalreise.
Dem entsprechend hatten auch Seereisen lange Zeit ausschließlich politische oder ökonomische Ziele, die Schiffsverbände der großen Seefahrernationen (Spanien, Portugal, England, Holland) waren ganz gewiss nicht touristisch unterwegs! Das manchmal monatelange Durchpflügen der Weltmeere mit komfortlosen, hölzernen Segelschiffen war zumeist kein Vergnügen, es herrschte ein Mangel an praktisch allem und zahllose Schiffe versanken im erstbesten Sturm. Ein zeitlich besser planbares und sichereres Befahren der Meere wurde erst mit dem technischen Fortschritt des 19. Jahrhunderts möglich: Die Dampfkraft wurde als Antriebsquelle nutzbar gemacht und neue Fertigungstechniken ermöglichten es, größere Schiffskörper aus Stahlplatten zusammen zu nieten.
Die erste große deutsche Schifffahrtsgesellschaft, der Norddeutsche Lloyd, wurde im Jahr 1857 in Bremen gegründet: Neben Handelsschifffahrt war ein zweites, wachsendes Betätigungsfeld die Passagierschifffahrt – allerdings noch lange nicht zu Erholungszwecken. Der neu eingerichtete Linienverkehr zwischen Bremerhaven und Amerika diente vielmehr dem Transport von Auswanderern, die sich in der neuen Welt ein vermeintlich besseres Leben erhofften. Das erste Linienschiff des Norddeutschen Lloyd, 1858 in Dienst gestellt, war technisch noch eine Mischform aus Segel- und Dampfschiff, es erhielt konsequenterweise den Namen „Bremen“. Bis zum zweiten Weltkrieg sollten drei weitere, immer größere und schnellere Schiffe gleichen Namens folgen.
Die erste rein touristische Schiffsreise offerierte die Reederei 1890: Der Reichspostdampfer „Kaiser Wilhelm II.“ lief zu einer Rundfahrt in die norwegischen Fjorde aus. Wachsender Beliebtheit erfreuten sich auch Tages-Ausflugsfahrten zu den deutschen Nordseeinseln. Ähnliche Programme bot bald auch der große Konkurrent aus Hamburg, die Hapag-Reederei, an. Trotz stetig wachsenden Zuspruchs blieben touristische Schiffsreisen bis in die 1960er Jahre zumeist ein Privileg für Gutbetuchte. Erst die rasante Entwicklung der touristischen Infrastruktur und hier vor allem des Flugtourismus sorgte für einen Strukturwandel: Den Reedereien brach durch die neue, wesentlich schnellere Konkurrenz am Himmel das traditionelle Liniengeschäft auf den Transatlantikrouten weg. Als Gegenmaßnahme setzte man nun auf einen massiven Ausbau des Kreuzfahrtgeschäftes mit neuen Schiffen, neuen Reisekonzepten und neuen Zielen weltweit. Seit über 30 Jahren gibt es auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eine nur schwach als Fernsehfilm getarnte Kreuzfahrt-Dauerwerbesendung („Traumschiff“). 1970 fusionierten die Wettbewerber Norddeutscher Lloyd und Hapag zum touristischen Großanbieter Hapag-Lloyd, um schließlich 1997 vom TUI-Konzern übernommen zu werden.
Derzeit, so die touristische Marktforschung, planen etwa zwei Millionen Deutsche eine baldige Kreuzfahrtreise; die Hälfte der Interessenten sind über 60 Jahre alt. Was gibt es hierbei aus gesundheitlicher Sicht zu bedenken?
– Chronisch Kranke sollten über Reiseart, -Ziel und -Dauer mit ihrem Hausarzt sprechen; er wird die Dauermedikation bei Bedarf anpassen und nach dem notwendigen Impfschutz schauen. Neben der selbstverständlichen Grundimmunisierung gegen Tetanus, Diphterie, Polio und Keuchhusten (heute als Vierfach-Kombiimpfung verfügbar) wird je nach Reiseziel auch eine Grippeschutzimpfung bzw. eine Impfung gegen Hepatitis A/B empfohlen.
– Unbedingt mitzunehmen ist eine aktuell zusammengestellte Reiseapotheke mit Präparaten gegen Fieber, Durchfall, Reiseübelkeit, Sonnenbrand und Schwellungen sowie Sonnenschutzpräparaten mit hohem Lichtschutzfaktor.
– Gehbehinderte sollten vorab klären, welchen Grad an Barrierefreiheit das ausgewählte Schiff bietet und welche Hilfestellungen das Bordpersonal bei Landausflügen leisten kann.
– Ihre Krankenversicherungskarte nützt Ihnen im Ausland zumeist überhaupt nichts; werden ärztliche Leistungen nötig, müssen diese an Ort und Stelle von Ihnen bezahlt werden. Daher unbedingt an eine Auslandsreise-Krankenversicherung denken (die oftmals im Reisepreis enthalten ist, wenn die Reise mit Kreditkarte bezahlt wurde). Erfragen Sie die Details bei Ihrem Kartenanbieter.
– Erkundigen Sie sich vorab auch, wie umfangreich die medizinische Abteilung Ihres Schiffes ausgestattet bzw. auf welche möglichen Erkrankungen und Notfälle man dort vorbereitet ist. Salopp ausgedrückt: Während ein Schiff komplett mit Ärzteteam, OP und Dialysestation bestückt ist, gibt es auf einem anderen womöglich nur eine Krankenschwester mit Verbandkasten.
– Kontaktieren Sie bei Unwohlsein an Bord umgehend den Schiffsarzt, da geklärt werden muss, ob eine Epidemiegefahr, etwa durch gefährliche Keime im Bordessen, besteht. Wichtig, nicht nur bei Notfällen, ist auch die Frage, welche Sprache auf dem Schiff gesprochen wird. Sollte Deutsch nicht dazu gehören: Können Sie sich in der Bordsprache verständigen?
– Wenn stärkerer Seegang das Schiff schwanken lässt und Übelkeit droht: Nur wenig leichte Kost essen und einen Platz auf einem tieferen Deck in Schiffsmitte aufsuchen, da das Schwanken dort am geringsten ist. Wenn´s schlimmer wird, einen geschützten Platz an der frischen Luft suchen und ständig den Horizont im Auge behalten. Medikamente gegen „Reisekrankheit“ können problematische Wechselwirkungen mit anderen Arzneien haben; die individuelle Verträglichkeit derartiger Präparate sollten Sie vorab mit Ihrem Hausarzt abklären.
– Wenn auch auf dem Schiff alles gemütlich und komfortabel ist – ein straff durchgeplanter Landgang, womöglich noch in tropischen Regionen, kann körperlich sehr belastend sein. Erfragen Sie den Schwierigkeitsgrad der Ausflüge.
– Vorsicht auch mit ungewohntem Essen und Trinken bei Landgängen: Rohes, Ungeschältes, Ungegartes lieber meiden, ebenso Leitungswasser, Eiscreme und offen angebotene Getränke.
– Schlussendlich: Damit Sie nicht buchstäblich „auf dem falschen Dampfer“ landen, sollten Sie vorab klären, welche Grundphilosophie das anvisierte Schiff repräsentiert. Ist es ein klassischer Luxusliner, ein leger-sportliches Clubschiff oder ein 24-Stunden-Rummelplatz mit zahllosen Bespaßungsoptionen und entsprechendem Trubel? Und welche Variante bevorzugen Sie selbst?
Na dann: Leinen los und gute Reise!
Text: Alexander Strauch Fotos: Hapag Lloyd