Ihre Gesundheit

Stammzellenaufbereitung und Einlagerung – Wie funktioniert das?

Nach dem aufschlussreichen Interview mit Dr. Abou-Dakn, Leiter der Klinik für Geburtshilfe im St. Joseph Krankenhaus Berlin blieb die Frage nach der Aufbereitung und der Einlagerung der Stammzellen aus dem Nabelschnurblut offen. Wir sind nach Leipzig gereist und haben uns dort das Labor von Vita 34 näher angeschaut sowie einige Fragen an den Herstellungsleiter Dr. Dietmar Egger gerichtet.

Dr. Egger, als Herstellungsleiter bei Vita 34 haben Sie mittlerweile mehr als zwölf Jahre Erfahrung in der Konservierung von Stammzellen aus Nabelschnurblut. Wie muss das Nabelschnurblut denn aufbereitet werden, um daraus die Stammzellen zu gewinnen?

Dr. Dietmar Egger, Laborleiter Vita34

Dr. Dietmar Egger, Laborleiter Vita34

Nabelschnurblut enthält ja von Natur aus Millionen von Stamm- und Vorläuferzellen. Damit diese im Falle eines Falles für eine Therapie genutzt werden können, sollen möglichst viele der wertvollen Zellen bei einer Konservierung erhalten bleiben. Um das sicherzustellen, läuft bei uns der gesamte Prozess von der Entnahme, über den Transport und die Einlagerung bis hin einer möglichen Anwendung nach strengsten europäischen Standards behördlich überwacht ab. Zunächst einmal muss sichergestellt sein, dass die Entnahme in der Klinik professionell abläuft, um eine möglichst große Menge Nabelschnurblut zu entnehmen. Die schnelle Aufarbeitung ist ebenfalls ein wichtiger Baustein, denn je eher wir das Nabelschnurblut einfrieren können, desto besser für die Vitalität der Zellen. In unseren Reinraumlaboren wird das Nabelschnurblut innerhalb von 48 Stunden nach der Geburt bearbeitet. Anschließend wird es ausführlich getestet, um Nebenwirkungen bei einer Anwendung ausschließen zu können.

Wie erfolgt die Einlagerung und was ist hierbei zu beachten?

Zunächst füllen wir das Nabelschnurblut von dem Entnahmeblutbeutel, den wir aus der Klinik erhalten, in einen extrem bruchfesten Blutbeutel aus einem Spezialkunststoff um, der den sehr tiefen Temperaturen auch über viele Jahrzehnte  standhält. Ein Gefrierschutzmittel sorgt dafür, dass die Zellen den Einfierprozess unbeschadet überstehen. Die Langzeitlagerung erfolgt in großen Edelstahltanks, die am Boden mit flüssigem Stickstoff befüllt sind. Das Nabelschnurblut selbst lagert in dem gasförmigen Stickstoff darüber bei fast -200°C. Dabei kommen alle Prozesse im Inneren der Zellen zum Erliegen, so dass sie auch nach Jahrzehnten nahezu genauso jung und vital sind, wie zur Geburt. Übrigens lagern wir das gesamte Nabelschnurblut als sog. Vollblut ein, um einen Zellverlust, wie er durch eine Zellauftrennung oder eine Plasmaentfernung entstehen würde, zu vermeiden.

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Und wie lange kann man dann auf die Stammzellen zurückgreifen?

Theoretische Berechnungen des Fraunhofer Instituts für biomedizinische Technik im Saarland haben ergeben, dass durch die extrem niedrigen Temperaturen die Stammzellen mehrere hundert Jahre überleben  – auf jeden Fall also ein ganzes Leben lang. Praktisch nachgewiesen ist es heute über etwa 20 Jahre, denn die Idee der Nabelschnurbluteinlagerung ist noch relativ jung.

Das gläserne Labor von Vita34

Das gläserne Labor von Vita34

Für welche Therapieformen sind die Stammzellen geeignet?

Grundsätzlich kann man zwei Bereiche unterscheiden: Zum einen sind Krebs- und Bluterkrankungen zu nennen, wie Tumore, Lymphome, Leukämien oder Anämien. Hier werden je nach Art der Erkrankung die eigenen oder fremden Blutstammzellen bereits seit Jahrzehnten genutzt, um das blutbildende und Immunsystem nach einer Chemotherapie wieder aufzubauen. Zum zweiten entwickelt sich gerade ein neues Feld für Zelltherapien, die sog. regenerative Medizin. Die Idee dahinter: Stammzellen sollen kranke oder zerstörte Zellen ersetzen oder bei der Regeneration von zerstörten Geweben helfen. Erste Untersuchungen zeigen bei  Diabeteserkrankungen und im Zusammenhang mit Schlaganfallauswirkungen vielversprechende Ergebnisse. Und weil die Stammzellen im Nabelschnurblut sehr jung und vital sind, scheinen sie sich dafür besonders gut zu eignen. Um diesen Bereich weiterzuentwickeln, sind wir selbst und viele Forscher weltweit sehr aktiv.

Wie können sich Eltern im Vorfeld informieren?

Junge Eltern heute nutzen häufig das Internet zur Recherche. Detailliertere Fragen beantwortet unsere telefonische Kundenbetreuung. Werdende Eltern sind aber auch gern eingeladen, uns bei unserer Arbeit einmal über die Schulter zu schauen. Unser Gläsernes Labor ist für alle Besucher offen.

Interview: JK   Fotos: Vita34

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